Exekutive Funktionen der Borderline-Störung und des ADHS: Unterschied zwischen den Versionen

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* [[Die Biochemie des Gehirns]]
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* [[Schlaf & Traum]]
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* [[Derpression]]
* [[Depression]]
* [[Trauma und postraumatisches Belastungssyndrom]]
* [[Trauma und postraumatisches Belastungssyndrom]]
* [[Dissoziation]]
* [[Dissoziation]]

Aktuelle Version vom 25. März 2022, 22:14 Uhr

Exekutive Funktionen beschreiben als Zusammenfassung zu erst einmal Planen, Problemlösen, Handlungskontrolle, Steuerung von Motivation und Emotionen. Exekutive Funktionen umfassen die bewusstseinsnahe Steuerung und Zielüberwachung komplexer, nicht automatisierter Verhaltensweisen, bei denen es gilt, mehrere kognitive Aspekte zu koordinieren. Hierzu gehören Bereiche wie Aufmerksamkeitsfokussierung, Arbeitsgedächtnis, Inhibition (unterbinden/Hemmung), Aufgabenmanagement, Planen, Monitoring und Kodierung von Informationen.

Executive Funktionen fassen ein weites Spektrum von mentalen Prozessen zusammen, die bei der Initiation und der Aufrechterhaltung der reibungslosen Informationsverarbeitung und koordinierten Aktionen des zentralen Nervensystems bedeutsam sind. Das schließt strategische Prozesse, wie Aufmerksamkeitsfokussierung und Zielformulierung und Aufrechterhaltung, Abwägungen und Wertungen,  wie  on-line Leistungsüberwachung ein. Manchmal wird dabei unterschieden zwischen motivierter Aufmerksamkeit, Aufmerksamkeit für Handlungen, oder Fehlerentdeckung. Nach Untersuchungen handelt es sich bei letzterem allerdings weniger um eine überwiegende Fehlerentdeckung als um eine Suche nach Konflikten beispielsweise in Konkurrenzsituationen. Die Wissenschaft geht davon aus, dass diese Funktionen in der präfrontalen Hirnrinde koordiniert werden, bei Störungen sprach man deshalb auch häufig von einem  "Frontalhirnsyndrom",  oder "dysexekutiven Syndrom".

Die Frontallappen (Stirnhirn) nehmen in der Entwicklungsgeschichte zum Menschen eine immer wichtigere Funktion ein und sind deshalb im Verhältnis zu anderen Hirnteilen auch unverhältnismäßig stark gewachsen im Vergleich zu unseren tierischen Vorfahren. Involviert ist dabei besonders die anteriore Cingulumrinde, die im medialen frontalen Cortex neben dem Balken lokalisiert ist.  Die anteriore Cingulumrinde ist reich an bidirektionalen Verbindungen mit dem Frontal-, Parietal- und Temporallappen, und den entorhinalen Assoziationgebieten sowie den Amygdala.  Störungen von Exekutivfunktionen bzw. dysexekutive Symptome werden als typische Folgen präfrontaler Läsionen (Schädigung, Verletzung,Trennung anatomischer Strukturen) angesehen und traditionell dem "Frontalhirnsyndrom" zugeordnet. Dieses beinhaltet zusätzlich Beeinträchtigungen von Motivation und Antrieb, Impulskontrollverlust, Änderungen der Affektivität und der individuellen Verhaltensmerkmale, eine vermehrte Umweltabhängigkeit (Imitation Behavior, Utilization Behavior) sowie ein mangelndes Störungsbewusstsein (Anosognosie). Allerdings kommen alle genannten Symptome auch nach extrafrontalen Läsionen vor und können in sehr unterschiedlichen Kombinationen auftreten. Dadurch ist der Begriff "Frontalhirnsyndrom" nur bedingt hilfreich. Bei Störungen sind vor allem folgende Funktionen beeinträchtigt: 

  1. Arbeitsgedächtnisses mit der Fähigkeit geistige oder vorgestellte Objekte im Kopf zu behalten und dort diese zu verändern. Damit auch die Fähigkeit mentale Objekte mit ihrer Geschichte und Zukunft in die Zeit eingebettet zu ordnen.
  2. Der Regulation von Affekten(Gefühlen) und Arousal, hierdurch kann der Affekt vom Antwortverhalten getrennt werden, es wird die Möglichkeit eröffnet "vernünftig" zu handeln.

  3. Der Internalisation von Sprache (oder des verbalen Arbeitsgedächtnisses) ermöglicht eine bewusste innere verbale Beschreibung und Reflexion die eine Selfinstruktion möglich macht. Hierdurch kann man seinen eigenen Regeln oder den Regeln Anderer oder der Gesellschaft folgen

  4. Der Herstellung oder die Synthese eines Verhaltensplans, der es einer Person ermöglicht eine kreative Antwort auf eine Situation zu finden, die aus dem eigenen Verhaltensrepertoire ausgewählt wird.

Wesentlich für die Funktion des exekutiven Systems ist dabei, dass zunächst die quasi instinkthafte gefühlsmäßige Verhaltensantwort im Sinne eines automatischen Reflexes auf eine gefühlsmäßige Wahrnehmung gehemmt wird. Diese Hemmung des direkten Anwortverhaltens verhindert, dass nicht relevante Ablenkungen unser Verhalten bestimmen. Hierdurch wird es auch möglich, trotz Pausen den Faden wieder aufzunehmen ohne den Fokus unserer Aufmerksamkeit zu verlieren. Diese Hemmung des direkten Anwortverhaltens bedeutet, dass wir uns sagen könne: Halt inne, seh hin, hör zu, überlege bevor du handelst. Hierdurch wird zielgerichtetes Lernen und Handeln möglich. Es handelt sich bei ADS und ADHS damit nicht nur um eine Störung der Aufmerksamkeit sondern um eine Störung in der Verarbeitung des Wahrgenommenen die zu fehlerhaftem Verhalten oder zu Fehlverhalten führt. Störungen dieser exekutiven Funktionen führen entsprechend zu mangelndem Antrieb und mangelnden Fähigkeiten für Planungen und Handlungen und deren Überwachung, die Zielgerichtetheit und Zweckmäßigkeit von Aktivitäten ist gestört. Situationen werden nicht mehr korrekt eingeschätzt. Die Tagesstruktur und Terminplanung sind gestört. Das Lernen aus Fehlern und die flexible Anpassung der eigenen Aktivitäten an (geänderte) externe bzw. interne Bedingungen ist beeinträchtigt. Antriebsverlust, Interesselosigkeit und gefühlsmäßige Gleichgültigkeit (affektive Indifferenz) können mit Aggressivität und sozial schlecht angepasstem Verhalten gepaart sein. Im Kontakt kann eine mangelnde Einfühlung (Empathie) und Distanzlosigkeit sehr störend sein. Handlung werden bei Erreichen des Handlungsziels nicht mehr beendet. Bei Störung der exekutiven Funktionen wirken Menschen  gleichgültig, interesselos; sie können nicht wollen. Planung, Überlegung, und Abschätzung der Folgen einer Handlung finden nicht oder in zu geringem Maße statt. Eine vermehrte Ablenkbarkeit und die Neigung sich kritiklos zu sozial unerwünschten Handlungen verführen zu lassen können bestehen. Nicht bei jeder Störung sind alle Funktionen betroffen, je nach  Symptomschwerpunkten unterscheidet man 3 Unterformen des Frontalhirnsyndrom: die "dysexekutive" Form nach einer Schädigung dorsaler präfrontaler Strukturen, die "disinhibierte" Form nach einer Schädigung orbitaler Strukturen und die "apathische" Form nach einer Schädigung medialer Strukturen. Ein Model ist, dass das Gehirn über frontalen Kortex seine eigenen Funktion auf einer ad hoc Basis überwacht und regelmäßig an die Erfordernisse anpasst. Widersprüche werden hier entdeckt und eine Anpassung und Korrektur gesteuert. Störungen der exekutive Funktionen spielen bei der Schizophrenie und der Zwangsstörung eine wesentliche Rolle. Bei der Routineuntersuchung werden manchmal bei Verdacht bestimmte Aspekte der Exekutiven Störung die auf eine 'Frontalhinsschädigung hinweisen geprüft: z.B.: Störungen des Greifverhaltens Greifreflex: Handinnenfläche bestreichen  - wird Faustschluss ausgelöst? Kann Hand von der Stuhllehne, Bettdecke, vom Bettgalgen gelöst werden? Zwangsgreifen und Nachgreifen (auf Zeigen eines Objekts = Magnetreaktion). Utilisation (Gebrauchsverhalten, Hypermetamorphosis) Verhaltensbeobachtung ("tändeln") oder direkte Prüfung. Untersucher streicht wortlos Alltagsobjekte über Handflächen des Patienten und entfernt sie rasch. Patient greift danach und nimmt auch andere vorgehaltene Objekte in Verwendung. Imitationsverhalten, Echopraxie: Verhaltensbeobachtung, ggf. direkte Prüfung: "Ich möchte, dass Sie genau das machen, was ich sage. Berühren Sie bitte Ihr Ohr." ( Untersucher berührt die eigene Nase und hält den Finger dort) Alternativ: unerwartetes Händeklatschen, demonstratives Auf- und Abbewegen der Hand, während Patient diese benennen soll. Selbstgeneriertes Verhalten: Verhaltensbeobachtung, ggf. Prüfung z.B. mit einer Variante des Uhrentests: Es wird kein bereits gezeichneter Kreis vorgegeben, sondern die gesamte Aufgabe wird verbal instruiert und die eigenständige Zeichnung beurteilt. Unterdrückung einer vorgebahnten Antwort: Go - No Go: Untersucher klopft 1x - Patient soll 1x klopfen, Untersucher klopft 2x - Patient soll nicht reagieren. Konträres Kommando: Untersucher klopft 2x - Patient soll 1x klopfen, Untersucher klopft 1x - Patient soll 2x klopfen. Anomale Sätze genau wiederholen: "Oh Tannenbaum, Oh Tannenbaum, wie grün sind deine Quaddeln." - "Der Mond ist ausgegangen, die grünen Sterne prangen." Sätze ergänzen: fehlendes letztes Wort stimmig und unstimmig ergänzen ("Die meisten Katzen sehen gut bei ?" -"Nacht" oder z.B. "Regen"). Rückwärtsaufzählen: Zu Beginn soll der Patient die Monate aufsagen, zumindest bis April. Jetzt beginnen Sie bitte mit Januar und sagen Sie die Monate rückwärts" Alternativ: Wochentage.

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