Psychodynamisches Modell einer gesunden Persönlichkeit

Aus Borderline Zone
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Die nachfolgenden Erläuterungen dienen als unabdingbare Verständnisgrundlage der einzelnen psychodynamischen (Störungs-) Modelle.

Der Mensch (die Psyche) besteht aus 3 Instanzen:

Über-ICH
(Gewissen, Normen, Imagos, geprägt von den Eltern und der Umwelt, teils bewußt/teils unbewußt)
ICH
(Persönlichkeit, teils bewußt / teils unbewußt)
ES
(die Triebe und Antriebe des Menschen, unbewußt)


Der Mensch kennt 3 Triebe:

Hunger Durst Schlaf
Jeder Trieb bzw. Antrieb ist mit Energiebesetzt. Da es aber keine ruhende Energie gibt, sie also den Drang hat sich freizusetzen, muß sie von etwas gebremst bzw. gesteuert werden dem "ICH". Das "ICH" wirkt wie eine Pufferzone zwischen "ES" und "Über-ICH". Jeder Trieb, der nicht befriedigt wird, kann zum Tode führen.

fehlender Schlaf führt, nach dem Wassermangel, als zweites zum Tode.

Die Antriebe sind jene Kräfte, die uns dazu treiben etwas ganz Bestimmtes zu tun.

Der Mensch kennt 6 Antriebe:

Selbsterhaltungstrieb Geschlechtstrieb
Bruttrieb Machttrieb Herrschsucht Habgier

Das ICH hat drei Aufgaben.

  1. die Herstellung einer Beziehung zur Aussenwelt über das Selbst, zum ES und zum Über-ICH
  2. die Bewältigung der Ansprüche und Gefahren dieser Realitätsfaktoren
  3. der Vermittlung zwischen diesen Realitätsfaktoren (zwischen Aussenwelt und ES, zwischen Aussenwelt und Über-ICH und zwischen Über-ICH und ES

Die bewussten ICH-Funktionen sind

  • Wahrnehmung und Erinnerung
  • Denken
  • Planen
  • Lernen

Die unbewussten ICH-Funktionen sind

  • Abwehr gegenüber dem ES (ES-Impulse, Triebe, Antriebe)
  • Abwehr gegenüber dem Über-ICH
  • Bewältigung gegenüber der Aussenwelt (ICH-Triebe)

Zur näheren Erläuterung:

Stellen Sie sich bitte das "ICH" als komplexe zusammenhängende Einheit, also die Persönlichkeit, vor. Dieses "ICH" entwickelt sich im Laufe der Jahre langsam und dazu muß es natürlich eine Chance haben. Gegeben wird dies durch Mutter, Vater, Bezugspersonen und soziales Umfeld. Bekommt das "ICH" nicht die Chance sich zu entwickeln können nur Fragmente (Bruchstücke) entstehen, die wiederum nicht zusammen hängen (keine komplexe Einheit bilden). Stellen Sie sich (bei einem gesunden Menschen) bildhaft eine komplette, ganze Wasserwaage vor, die auch in der Waage ist. Ergo wäre das "ICH" genau in der Waagerechten. Über das "ICH" definiert sich das Selbst. Insofern ist, wenn das "Ich" in der Waage ist, auch das Selbst in der Waage. Kippt das "ICH" so kippt logischerweise auch das Selbst. Betrachten wir uns nun was das ICH, das Selbst, das ES, und letztlich das Über-ICH genauer.


Legende ICH:

  • A         = Abwehrmechanismen des ICH
  • B1       = Kräfte bzw. Energien die aus Säule I und II des Über-Ich auf das ICH drücken
  • B2       = Kräfte bzw. Energien die aus Säule III des Über-Ich auf das ICH drücken
  • C         = psychische Abwehrenergien die das ICH für die Abwehrmechanismen und Handlungen heranzieht (ICH-Triebe)
  • A+C    = Abwehrhandlung
  • D         = starre Verbindung mit Inversivgelenk (G) zum Selbst
  • E1,E2  = ES-Impulse, Triebenergien
  • G         = Inersivgelenk (Inversiv = Umkehr)
  • SB       = Selbstbeobachtung, Introspektion
  • S         = Vergleich soziale Selbst mit Selbst und umgekehrt
  • SE       = Selbsterkenntnis
  • SF       = Übergang Fremdbild in das soziale Selbst
  • SR       = Selbstregularien
  • SS       = Einfluss soziales Selbst auf das Selbstwertgefühl
  • IS        = Ich-Diskrepanz, Selbstverwirklichung, narzisstisches Gleichgewicht
  • VI        = Vergleich Ideal-Ich/Ideal Selbst versus Ich-Ideal/Ideal Objekte

Das ICH fungiert hier mit seinen Abwehrmechanismen als Pufferzone zwischen den Energien der Über-ICH und des ES.

"ÜBER-ICH" drückt somit von oben gegen "ICH"

(ICH-Abwehr)

"ICH"
(ICH-Abwehr)

"ES" drückt von unten gegen "ICH"

Da wir aber nicht jedem Antrieb so einfach nachgeben können, greift hier das "ÜBER-ICH" und drückt mit seiner Energie auf das "ICH". Gleichzietig zieht das ICH seine ICH-Triebe (C) heran um geeignete Abwehrhandlungen einzuleiten. Die ICH-Triebe, bzw. Abwehrenergien des ICH sind synonym den Selbsterhaltungstrieben und gegensätzlich zu den Sexualtrieben (ES).

Das ICH, wie auch die ICH-Findung, entwickelt sich in Stufen, und zwar vom ersten Innewerden des ICH bzw. des Subjektseins im 2. Lebensjahr bis hin ca. 12. Lebensjahr (Beginn der Adoleszenz) und ist sehr stark verbunden mit dem moralischem Urteil (Gewissen = Säule I des Über-ICH). Im ICH liegt das ICH-Bewußtsein, besser gesagt es bringt das ICH-Bewußtsein hervor und wird dem Gegenstandsbewußtsein gegenübergestellt. Es beinhaltet

  • das Aktivitätsbewusstsein (was tu ich)
  • Unitätsbewusstsein (Einheit des ICH im Gegensatz zur Spaltung)
  • Identitätsbewusstsein (wer oder was bin ich)
  • Diversitätsbewusstsein (ein Kind empfängt Sinneseindrücke die sich ihm weder als objektive noch als subjektive darstellen (primitives Bewusstsein) weil seine Existenz aber von dem Inhalte dieser gegebenen Eindrücke oder Vorstellungen abhängig ist (z. Bsp. "das wird Mama sein", behandelt es instinktiv diesen Inhalt als einen objektiven, bevor es ihn als objektiven erkennt, und erst dadurch entsteht allmählich die Erkenntnis. Das ICH, hier das Diversitätsbewusstsein, unterscheidet später zwischen Empfindung und Gegenstand.)

Der Mensch entwickelt im Laufe der Zeit ICH - Abwehrmechanismen. Diese Abwehrmechanismen schützen das "ICH". Sie sitzen zwischen dem "ES" und dem "ÜBER-ICH" als Pufferzone. Gäbe es diese nicht würde das "ICH" regelrecht zerfetzt durch die auftreffenden Energien.

Der Mensch kennt 16 (17) Abwehrmechanismen. Davon nutzt jeder Mensch nicht alle sondern nur die die sich im Laufe seines Lebens als bewährt erwiesen. Nach Freud bedeutet aber der übermäßige Gebrauch immer der selbigen Abwehrmechanismen die Neurose. Nach dem alten Begriff der Neurose (Freud) verwenden Neurotiker einen Großteil ihrer Energie darauf, nicht annehmbare Teile ihrer Psyche umzulenken, zu verkleiden und neu zu kanalisieren, um dadurch ihre Angst zu reduzieren. So bleibt wenig Energie um ein produktives Leben oder eine befriedigende Beziehung zu führen.

Die Abwehrmechanismen (A) des ICH sind:

  1. Spaltung: sie ist ein Frühstadium der Abwehrmechanismen, (Baby bis 4 Jahre) der menschlichen Seele, (Schutz des ICH), hier kann nur aufgespalten werden in gut und böse, sie wird angewendet solange kein vollständiges ICH zur Verfügung steht
  2. Kompensation: die Verhüllung einer Schwäche durch Überbetonung eines Charakterzuges. Die Frustration auf einem Gebiet wird aufgewogen durch übermäßige Befriedigung auf einem anderen Gebiet (sehr beliebt bei Narzissten)
  3. Verleumdung: ist der Schutz der unangenehmen Wirklichkeit durch Weigerung sie anzunehmen (beliebt bei der dependenten Persönlichkeit, zum Teil auch nicht stark ausgeprägte Borderlinepersönlichkeiten)
  4. Verschiebung: ist die Entladung von aufgestauten, feindseligen Gefühlen auf Objekte die weniger gefährlich sind als diejenigen welche die Emotionen ursprünglich hervorgerufen haben. (beliebt bei Borderline, auch Histrioniker)
  5. emotionale Isolierung: ist die Vermeidung traumatischer Erlebnisse durch Rückzug in die Passivität (Missbrauch, Trauma/postraumatisches Belastungssyndrom
  6. Phantasie: ist die Befriedigung frustrierter Wünsche durch imaginäre Erfüllung (z. Bsp. Tagträume) (beliebt bei Ex-Partnern einer Borderline-Beziehung, aber auch beim Borderliner selbst)
  7. Idendifikation: ist die Erhöhung des Selbstwertgefühls durch Identifikation mit einer anderen Person, oder Institution (Borderliner in den Idealisierungsphasen und Narzisst)
  8. Introjektion:
    ist die Einverleibung äußerer Werte und Standardbegriffe in die Ich-Struktur so das die Person sie nicht mehr als Bedrohung von außen erleben muss (Borderline-Störung, Narzisst, dependente (abhängige) Persönlichkeit)
  9. Isolierung: ist die Abtrennung emotionaler Regungen von angstbeladenen Situationen oder auch die Trennung unverträglicher Strebungen durch straffe gedankliche Zergliederung. Hier bleiben die widersprüchlichen Strebungen zwar erhalten, treten aber nicht gleichzeitig ins Bewusstsein. (Narzisst)
  10. Projektion: ist die Übertragung der Missbilligung eigener Unzulänglichkeiten (schlechte Anteile) oder auch unmoralischer Wünsche auf andere Personen (Borderline Störung, aber auch Partner, Narzisst)
  11. Rationalisierung: ist der Versuch sich einzureden das das eigene Verhalten verstandesmäßig begründet und so vor sich selbst und vor anderen gerechtfertigt ist (dependente Störung)
  12. Reaktionsbildung: angstbeladene Situationen werden vermieden, indem gegenteilige Intentionen und Verhaltensweisen überbetont werden und somit als Schutzwall verwendet werden (dependente (abhängige) und ängstlich vermeidende Persönlichkeit)
  13. Regression: ist der Rückzug auf eine frühere Entwicklungsstufe mit primitiven Reaktionen und niedrigem Anspruchsniveau (Borderline-Störung und Narzisst)
  14. Verdrängung: ist das Verhindern des Eindringens unerwünschter oder auch gefährlicher Impulse in das Bewusstsein (sowohl in positiver wie auch negativer Richtung (Suppression) bei Gesund
  15. Sublimierung:
    ist die Befriedigung nicht erfüllter (z.B. sexueller) Wünsche durch Ersatzhandlungen die von der Gesellschaft akzeptiert werden (dependente Persönlichkeit)
  16. Ungeschehen machen: ist ein Sühneverlangen für unmoralische Wünsche und Handlungen, um diese damit aufzuheben (Borderline-Störung in der Abwertung, Partner in der Trennung)
  17. ICH-Anachorese bzw. ICH-Mythisierung: ist eine Sonderform der ICH-Abwehr zur Entlastung von unerträglichen Schuldgefühlen die aber zugleich bestimmte schizophrene Symptome zu folge haben. Zu Ersterem gehört der Rückzug des ICH vor nicht assimilierbaren Bewusstseinsinhalten Das ICH erlebt sich nicht mehr als Akteur oder Initiator, sondern bestimmt durch fremde Mächte. Bei der Mythisierung besteht die Schuldentlastung in der Identifizierung mit einer archetypischen mythischen Figur. Das ICH entrückt in eine "kollektivmythische" Existenz.

Soweit so gut. Nun ist es so, wie bereits gesagt, dass Impulse von unten gegen das " ICH" krachen. (z.B. ich will ......) Das "ICH" wäre dem schutzlos ausgeliefert gäbe es da nicht, die Abwehmechanismen und das "ÜBER-ICH", mit seiner Gegenbeszungsenergie, welches eine unbedingte Erfüllung vom "ICH" fordert. Stellen Sie sich vor Sie stehen zwischen 2 Eisenbahnhängern, beide kommen ungebremst von jeder Seite auf Sie zu. Was tun Sie? Springen sagen Sie? Klar können Sie, doch Sie landen im nächsten Gleis und wieder rollen die Wagons. Nein, so geht es also nicht denn Sie sind Teil der Einheit. Was also tun Sie?

Dafür hat die Natur, die Psyche, Schutzmechanismen (Abwehrmechanismen des "ICH") eingebaut. Ihnen ist sicher klar, das wenn Sie diese nicht hätten, es dann Ihr ICH regelrecht zerfetzen würde, denn beide (bildlich) Wagons würden dann ungebremst auf Ihr ICH krachen.

Bedingt durch die (nicht annehmbaren) Es-Impulse (E1/E2) muss sich das ICH schützen und setzt somit mit seiner Energie (C) die Abwehrmechanismen (A) in Gang, wie Sublimierung, Substitution, Verdrängung, Kompensation, etc. Gleichzeitig gleicht es damit über Abwehrhandlungen (A+ C), Vorstellungen, Einstellungen, den Druck des ÜBER- ICH und ES aus, was zur Ausgleichung, hier Anhebung des Selbst führt. Zum Verständnis noch einmal die Grafikausschnitt und Legende.


das ICH

Legende ICH:

  • A         = Abwehrmechanismen des ICH (16 Stück siehe oben)
  • B1       = Kräfte bzw. Energien die aus Säule I und II des Über-Ich auf das ICH drücken
  • B2       = Kräfte bzw. Energien die aus Säule III des Über-Ich auf das ICH drücken
  • C         = psychische Abwehrenergien die das ICH für die Abwehrmechanismen und Handlungen heranzieht
  • A+C    = Abwehrhandlung (16 Stück siehe oben)
  • E1,E2  = ES-Impulse, Triebenergien
  • G         = Inersivgelenk (Inversiv = Umkehr)

Das ICH in Verbindung mit seinen Abwehrmechanismen beinhaltet somit die sogenannte ICH-Stärke und bezeichnet nichts anderes als den Grad mit welchem das ICH die Triebe (ES) unter Kontrolle hat. Insofern bezeichnet die ICH-Stärke auch den

  • Grad der Integration, Stabilität und Flexibilität der Person (ICH-Abwehr und deren Zusammensetzung, Angsttoleranz, Impulskontrolle, Denkorganisation und Sublimierungsfähigkeit
  • Grad der Realitätsnähe und Triebbefriedigungen in sozialen Beziehungen
  • Grad der symptomatischen Äusserungen von innerpersönlichen Fehlfunktionen.

Ich-Stärke ist also auch die Fähigkeit das ICH oder Selbst zu bewahren und durchzusetzen gegenüber Widerständen von aussen. durchzusetzen. Die Ich-Störung (wie in der Borderlien-Störung) bezeichnet dann, wie sie in der obigen Grafik sehen, eine Störung der ICH-Funktionen, bei der die Synthese zwischen den Ansprüchen von ES und Über-ICH und die Abgrenzung gegenüber der Aussenwelt gestört sind.


das Selbst

Legende Selbst:

  • A         = Abwehrmechanismen des ICH (16 Stück siehe oben)
  • B2       = Kräfte bzw. Energien die aus Säule III des Über-Ich auf das ICH drücken
  • C         = psychische Abwehrenergien die das ICH für die Abwehrmechanismen und Handlungen heranzieht (ICH-Triebe)
  • A+C    = Abwehrhandlung
  • D         = starre Verbindung mit Inversivgelenk (G) zum Selbst
  • E1,E2  = ES-Impulse, Triebenergien
  • G         = Inversivgelenk (Inversiv = Umkehr)
  • SB       = Selbstbeobachtung, Introspektion
  • S         = Vergleich soziale Selbst mit Selbst und umgekehrt
  • SE       = Selbsterkenntnis
  • SF       = Übergang Fremdbild in das soziale Selbst
  • SR       = Selbstregularien
  • SS       = Einfluss soziales Selbst auf das Selbstwertgefühl
  • IS        = Ich-Diskrepanz, Selbstverwirklichung, narzisstisches Gleichgewicht

Das Selbst beinhaltet:

  1. das Selbstbild (wie sehe ich mich), über das soziale Selbst, das vermutete Fremdbild (so sieht man mich) und Fremdbild
  2. das Selbstbewusstsein (wer bin ich)
  3. das Selbstwertgefühl (was bin ich mir und anderen wert)
  4. das soziale Selbst (welches abgeglichen wird mit dem Fremdbild = wie sehen mich andere?) und dieses soziale Selbst wird wiederum abgeglichen mit 1 und 3.

Dieser Komplex Selbst (Korrelat) wird abgeglichen mit der Säule III des "ÜBER-ICH", dem Ideal-Ich und Ideal-Selbst (Erklärung im Über-ICH). Die Differenz dazu nennt man Ich Diskrepanz (IS). Die ICH-Diskrepanz wird im Normalfall über Selbstregularien (Selbstkontrolle und deren Handlung) welche mit der Selbsterkenntnis (SE) gekoppelt sind, ausgeglichen. Je größer die ICH-Diskrepanz ist desto geringer ist das Selbtswertgefühl (Selbstachtung). Das Streben zur Verringerung der ICH-Diskrepanz, d.h. die Annäherung des Selbstbildes und Idealbild (Säule III) bedeutet demzufolge Selbstverwirklichung. Die ICH-Diskrepanz (IS) bedeutet insofern also auch ein "Nicht-Übereinstimmen" von ICH-Ideal (aus Säule II) welches über (VI) mit dem Ideal-ICH / Ideal Selbst (aus Säule III) abgeglichen wird und dem ICH und im weiteren Verlauf von idealem Selbst-(bild) (Säule III) und erfahrenem Personenbild. (Sprung auf Grafik) Die ICH Diskrepanz ist oft Ausgang neurotischer Spannungen.

Je geringer die ICH-Diskrepanz aber ist und je pathologicher, d.h. überwertiger, unrealistischer das in Säule III liegenden ICH-Ideal und Ideal-Selbst ist, je gestörter die Introspektion (SB), Selbsterkenntnis (SE) ist und demzufolge die Selbstregularien (SR) gestört sind, desto überwertiger wird das Selbstwertgefühl (aufgeblähtes Selbstkonzept=Selbstbild). Wir können auch sagen desto narzisstischer stellt sich die Person gegenüber der Aussenwelt dar.

Das Selbstbild, auch Selbstkonzept genannt, beinhaltet die Kognitionen und Gefühle, die man sich selbst gegenüber hat. Das Selbstbild entsteht sowohl durch die Selbstbeobachtung (SB) der eigenen Erlebnisse und des eigenen Handelns, als auch durch die verschiedenen Formen der Beurteilung durch andere. (Lob, Tadel, Aufwertung, Entwertung, Lohn, Strafe, etc.) Wie oben erwähnt hat das Selbstbild starken Einfluss auf die ICH-Diskrepanz (IS). Die Beziehung zu anderen ist weiterhin gegeben im vermuteten Fremdbild (so sieht mich der andere), d. h. in den Annahmen die man über das Bild macht, das vermeintlich andere von einem selber haben. Dieser Aspekt wird (zu) oft mit dem Selbstwertgefühl verwechselt. Das vermutete Fremdbild ist ein konstituierender Teil des Fremdbildes. (konstituierend = Beschaffenheit, hier Summe der psychischen Eigenschaften die das Fremdbild determinieren = (mit-) bedingen, (mit-) bestimmen), das in der interpersonalen Wahrnehmung (gegenseitige Wahrnehmung und Beurteilung von interagierenden Personen) entsteht und geht über (siehe Grafik) in das soziale Selbst das mit dem Selbstbild verglichen wird (S).

Im eigenen Fremdbild kommt ein sehr gefährlicher Teil hinzu, das vermutete fremde Selbstbild. Es ist Teil des eigenen Fremdbildes (z. Bsp. "er/sie ist eingebildet") da es die Kognition und Gefühle beschreibt die nach eigener Meinung der andere sich selbst gegenüber hat. Einfach gesagt wir glauben zu wissen was der andere denkt und fühlt, bzw. welche Meinung er über sich hat.

Das Selbstwertgefühl (Selbstachtung) ist eine Gestimmtheit des Selbst, wie Sie graphisch sehen umfasst das Selbst viele Teilaspekte, mit dem der Mensch sich als Träger eine Wertes erlebt. Seine Verneinung ist das Minderwertigkeitsgefühl. Die Unsicherheit des Selbst wird in der Regel über den sozialen Vergleich (SS), d.h. der Abgleich von sozialem Selbst, welches über das Fremdbild bestimmt wird, und Selbstwertgefühl zu beheben versucht.

Das Minderwertigkeitsgefühl ist das Erleben von tiefgehender seelischer oder körperlicher Unzulänglichkeit. Das Minderwertigkeitsgefühl hat einen bedeutenden Einfluss auf die Entstehung seelischer Leiden (Neurosen, Depression). Je nach ICH-Stabilität können sowohl endogene (von innen) Faktoren wie z. Bsp. Organminderung oder exogene (von aussen) Faktoren z. Bsp. zu harte oder zu weiche Erziehung, Beziehungskatastrophen (Borderline-Beziehung, narzisstische Beziehung), Arbeitslosigkeit, Unfälle, Konstellation aus allem, zu Minderwertigkeitsgefühlen führen.

Die Selbstsicherheit resultierend aus dem Selbstwertgefühl und dem gesamten Selbst (seinen Teilaspekten) ist die Fähigkeit in definierten mikrosozialen Konflikten (z. Bsp. Partnerschaft) ohne Angst mit einem adäquatem Verhalten zu reagieren. Selbstsicherheit wird auch als soziale Kompetenz bezeichnet und wurde als Gegenbegriff zur sozialen Angst in die Verhaltenstherapie eingeführt. Während früher mit Selbstsicherheit alles nicht-ängstliche Verhalten gemeint war, wird heute eine deutliche Abgrenzung zu aggressivem Verhalten vorgenommen. Selbstsicherheit ist jedoch nicht alleine durch fehlende Angst und durch flexibles Verhalten zu kennzeichnen. Vielmehr muss die Fähigkeit zur Diskrimination (Bezeichnung für eine Unterscheidungsleistung, die sich auf das Auseinanderhalten von Reizen bezieht) sozialer Situationen und zur Entscheidung zwischen mehreren Verhaltensalternativen hinzukommen. Weiterhin ist es nötig das sich die Person erlaubt, eigene Bedürfnisse zu haben und aktiv für sie einzutreten, ohne dabei andere zu beeinträchtigen oder langfristige Bindungen unmöglich zu machen. Aktiv heißt hier also nicht (wie in der Borderline-Störung), sich über Grenzen hinwegzusetzen, zu manipulieren, unangemessene, massive Forderungen zu stellen oder sich zu nehmen was man will, bzw. glaubt einem zu zustehen.

Resultierend aus dem Selbstwertgefühl und der Selbstsicherheit entsteht das Selbstvertrauen und erstreckt sich somit auch auf moralisches Handeln. Das Selbstvertrauen ist ein kräftiges Eigenmachtgefühl (nicht Omnipotenz = Allmachtgefühl) mit möglichen Schwierigkeiten fertig zu werden. Bei naivem übersteigertem Eigenmachtgefühl (Narzissmus) beruht das Selbstvertrauen auf ein Übersehen von realen Hindernissen.

Die Selbstbeherrschung (Selbstkontrolle, auch Selbstregularien (SR) ist die Fähigkeit durch den vernünftigen Willen das Eigenerleben im sinne sozialer, menschlicher Normen, unabhängig von den Trieben und Affekten zu gestalten. Die Selbstbeherrschung ist stark an die Fähigkeit der Selbstbeobachtung/Introspektion (SB) geknüpft. Selbstkontrolle ist z. Bsp. beim Belohnungsaufschub/Befriedigungsaufschub notwendig.

Die Selbstbeobachtung/Introsepektion (SB) bezeichnet die bewusst auf seelische Zustände und Vorgänge gerichtete Aufmerksamkeit. Sie ist, mit der Selbsterkenntnis (SE) Grundlage eine Verhaltensänderung. Die Selbstbeobachtung bedingt allerdings mehrere Gefahren und wird von den Behavioristen abgelehnt. Die von Kritikern aufgeführten Punkte sind folgende:

  • Gefahr der Selbsttäuschung, besonders wenn die Selbstbeobachtung zugleich eine Selbstbeurteilung provoziert oder eine moralische Bewertung mit einschliesst
  • die Frage ob es der Person gelingt, trotz der unbestrittenen möglichen Rückwendung der Erkenntnisintention auf das eigene Selbst (Selbsterkenntnis SE) auch Reflexion genannt, gleichzeitig ein erleben zu haben als es auch zu beobachten
  • die Tatsache das jede Beobachtung als solches das zu Beobachtende ändert
  • ob unsere Sprache ausreicht um die oft flüchtigen, ausserodentlich differenzierten, veränderlich psychischen Vorgänge zu beschreiben

Die Selbstbeobachtung ist allerdings der einzig mögliche direkte Zugang zum individuellem Erlebn der Wahrnehmung von Denken, Fühlen, der Bedürfnisse, etc.

Kommen wir zur Selbsterkenntnis (SE) welche unabdingbar mit der Selbstbeobachtung bzw. Introspektion (SB) und der ICH Diskrepanz (IS) gekoppelt ist. Die Selbsterkenntnis bezeichnet die Hinwendung des Erkennens auf das eigene ICH. Das Selbst wird also auf seien Eigenarten untersucht (eigenes Sein, Verhalten, Anlagen, Fähigkeiten, Einstellungen und Motivationen). Die Selbsterkenntnis als Voraussetzung und Gestaltung der eigenen Persönlichkeit wurde schon bei den alten Griechen in der Antike als Grundlage gefordert. Dies zeigt sich allein an der Aufschrift am Tempel des Apollo in Delphi "Erkenne dich selbst". Die Selbsterkenntnis (das Innewerden des Selbst) beruht also einerseits auf der Selbstbeobachtung (SB) und der Rückempfindung welche aus der Konfrontation des Menschen mit Problemen in seiner Umwelt und der zwischenmenschlichen Kommunikation resultieren. Um noch einmal auf erstere genannte Gefahr zurück zukommen gab es trotz der berechtigten Forderungen der Selbsterkenntnis (Pascal, Kant) immer wieder skeptische Stimmen (Goethe, Nitzsche) die darauf hinwiesen das der Mensch die Neigung hat sich nicht nur vor anderen sondern auch vor sich selbst zu maskieren.


das ES

Das "ES" liegt im Unbewussten und beinhaltet:

wie bereits gesagt die Triebe und Antriebe des Menschen. Dies sind gewaltige Energien die uns eigentlich das tun lassen was wir tun (wollen), und oder auch sollten. Das ES strebt nach der unmittelbaren und vollständigen Abfuhr seiner Triebenergien. (sehr schön zu sehen in der Borderline-Störung in ihrer sofortigen Triebebefriedigung)


das Über-Ich einer gesunden Persönlichkeit

Legende ÜBER-ICH:

  1. VI        = Vergleich Ideal-Ich/Ideal Selbst versus Ich-Ideal/Ideal Objekte
  2. U         = Urprägungen, Urbeeinflussungen durch das Elternimago
  3. B1,B1  = Gesamtkraft, Gesamtenergie die aus Säule I und II des Über-Ich auf das ICH drücken
  4. B2       = Gesamtkraft, Gesamtenergie die aus Säule III des Über-Ich auf das ICH drückt

Das "ÜBER-ICH" beinhaltet:

  1. das Gewissen (in dieser Säule liegen das reife Gewissen, das ödipale Gewissen (geprägt durch das Elternimago und die Leitbilder) und das archaische Gewissen (Säule I)
  2. das Ich-Ideal und Ideal-Objekte (wie möchte ich sein, Vorbilder) die Leitbilder( spätere Bezugspersonen) und das Elternimago (Imago = Urbild) (Säule II)
  3. das Ideal-Selbst, die Größenphantasien (geprägt durch Elternimago und Leitbilder), das archaische Größenselbst (Säule III)

Das Über-Ich können wir als als die Höchste der drei psychischen Instanzen bezeichnen, da es vom ICH unbedingte Erfüllung verlangt. Das Über-ICH besteht aus den verinnerlichten Normen und Werten. Insofern hat es die Funktion eines Richters und Wächters übernommen.

Die teils bewussten und teils unbewussten Funktionen des Über-ICH sind:

  1. Errichtung eines Wertesystems (Pflichten und Forderungen, Gebote und Verbote) und dessen Integration im Ideal-Ich/Ideal Selbst (Säule III)
  2. Ausrichtung und Einstellung des Verhaltens nach diesem Wertesystem
  3. Ausschaltung der diesem Wertesystem nicht entsprechenden Einstellungen und Verhaltensweisen über Selbstkritik, Triebeinschränkung, Gratifikationsaufschub, etc.

Das Über-ICH veranlasst aufgrund dieser Funktionen das ICH zur Abwehr der inkompatiblen ES Impulse.

Innerhalb des "ÜBER-ICH" findet zwischen Ideal-ICH / Ideal-Selbst (Säule III wie eine Person selbst sein möchte, das ideale Selbstbild, das die Person, ausgehend von ihren subjektiven Erfahrungen, angereichert mit Ansprüchen und Erwartungen, von sich entwirft bzw. hat) und ICH-Ideal / Ideal Objekte (Säule II Vorbilder und Leitbilder) ein ständiger Abgleich (VI) statt. Stimmt die ICH-Diskrepanz nicht, wie Sie in den anderen Modellen sehen werden, ist in der Regel der Abgleich (VI) gestört, da das Ideal-ICH/Ideal-Selbst unrealistisch ausgeprägt ist.

Das Über-ICH entwickelt sich bereits keimhaft während der oralen Phase (0 - 1,6 Jahre) und analen Phase (1,7 - 3 Jahre) wird aber erst am und ab dem Ende der frühen genitalen Phase (3,1 - 6Jahre) durch Introjektion sozialer Gebote und Verbote zu einem autonomen Funktionssystem. Erste Grundlage in einer gesunden Über-ICH Entwicklung sind die Eltern, bzw. die ersten Bezugspersonen (dies ist nicht nur die Mutter oder der Vater alleine, sondern kann auch mit die Grossmutter beinhalten wenn diese in den ersten 2 Lebensjahren genauso präsent ist wie die Mutter). Sie bilden das Elternimago (Urbild) im Kinde (Einzahl da beide, Mutter wie auch Vater sich in einem Bild verbinden). Das Elternimago geht über in die Leitbilder zu denen, ab dem 2. Lebensjahr, die Bezugspersonen 2. Ordnung (Grossmutter, Grossvater, Onkel, Tante, also Menschen mit denen das Kind Zeit- und Bindungstechnisch am zweitstärksten zu tun hat) kommen, beide dargestellt in Säule II. Diese beiden Blöcke (sie sind nicht mehr veränderbar) bezeichnet man auch als internalisiertes (verinnerlichtes) Objekt. Aus diesen heraus, wobei hier weitere Vorbilder hinzukommen) bildet sich später das ICH Ideal und die Ideal-Objekte. Stellen Sie sich bitte das internalisierte Objekt als EIN Bild vor welches sich aus vielen Bilden zusammensetzt. Hier liegt (unter anderem) die Ursoftware (abgewandelt aus der PC-Technik könnte man auch BIOS sagen) des Menschen.

Die Säule I repräsentiert das Gewissen, welches sich bereits in Form des archaischen Gewissens (archaisch = ursprünglich, nicht mehr reduzierbarer Teil) ab der Geburt bildet. Später durch Prägung, des internalisierten Objektes sich zu einem ödipalem Gewissen herausbildet, auf welches sich folgend das reife Gewissen aufbaut. Die Säule I hat gleichzeitig die Funktion eine regelnden (über VI, (da Säule I und Säule II zusammenhängen) Stabilisierung zur Säule III.

Die Säule III repräsentiert nicht nur die (gesunde) narzisstische Komponente, sondern auch das daraus entstehende Selbstwertgefühl , welches von Anfang an massgeblich von dem internalisierten Objekt gefestigt wird. Das reife Ideal-ICH / Ideal Selbst baut sich auf über die den Block "Grössenphantasien", welcher sich auf dem archaischen Grössenselbst aufbaut. Auch hier erfolgt die Prägung (U) über das internalisierte Objekt.

Bei der Entwicklung der Säulen I und III ist, wie Sie sehen, also massgeblich die internalisierten Objekte beteiligt. Wir können auch sagen es sind massgeblich beteiligt:

  1. die Bezugspersonen 1. Ornung (Elternimago)
  2. die Bezugspersonen 2. Ordnung (Leitbilder)
  3. die Gesamtheit beider

Die Stabilität und Funktionalität der drei Säulen ist zwar auch von der Zufuhr von aussen, also Zuwendung, Bewunderung, Emphatie, Getragenwerden, Anerkennung durch wichtige Bezugspersonen und vom psychosozialem Umfeld abhängig. Dennoch spielt die grösste Rolle die internlisierten Objekte. Wenn ein Mangel an "guten internalisierten Objekten" vorliegt, das Gewissen zu straff und rigide ausgebildet wird, die Grössenfantasien zu unrealistisch geprägt werden, etc. ist, wie Sie in den Störungsmodellen sehen werden, mit späteren Fehlfunktionen im psychischen Bereich (sei es Depression, Persönlichkeitsstörung) und somit im Verhalten des Individuums zu rechen. Nun kann man nicht alles von den drei Säulen des Über-ICH abhängig machen, da die Gesamtheit ein rückgekoppeltes Regelsystem ist, wie Sie sehen. Entscheidend ist also wie die einzelnen Funktionen (A, A+C, SB, SE, SR, S, SS, SF, etc.) ineinander arbeiten um eine optimale Regelung zu ermöglichen.

Zum Abschluss möchte ich noch ganz kurz die Arbeitsprinzipien des ES, ICH und Über-ICH erwähnen.

  • das ES arbeitet nach dem Lustprinzip,
  • das ICH arbeitet nach dem Realitätsprinzip und
  • das ÜBER- ICH arbeitet nach dem Moralitätsprinzip

Im einzelnen:

  • Das Lustprinzip bezeichnet das Grundprinzip von Handlungen die unter dem Motiv de Lustgewinnes erfolgen. Das ES arbeitet ausschliesslich nach dem Lustprinzip und strebt nach unmittelbarer und vollständigen Abfuhr seiner Triebenergien, und grösstmöglichen Lustgewinn, bzw. nach sofortiger Befriedigung der Triebe und Bedürfnisse. (sehr schön zu sehen in der Borderline-Störung in ihrer sofortigen Triebebefriedigung)
  • Das Realitätsprinzip bezeichnet das Prinzip in dem das ICH die aus dem ES stammenden Triebimpulse in ethische und soziale Forderungen abwandelt. So wird das Individuum davor bewahrt, in Verfolgung der auf Triebbefriedigung ausgerichteten ES-Impulse in bedrohliche Konflikte mit der Realität zu kommen.
  • Das Moralitätsprinzip bezeichnet das Grundprinzip von Handlungen, die unter dem Motiv der Moral und sittlichen Gesetzesnormen (Gebote und Verbote) erfolgen. Das Moralitätsprinzip entspricht dabei den Gesetzmässigkeiten Kants. Das Über-ICH ist, wie wir sahen, das System der introjezierten Gesetzesnormen, welches die unbedingte Erfüllung vom ICH verlangt und eine möglichst weitgehende Annäherung des ICH an das ICH-Ideal/Ideal-Selbst zu erreichen versucht.

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