Die "Dialektisch-Behaviorale Therapie" (DBT)

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Die "Dialektisch-Behaviorale Therapie" (DBT) wurde von Marsha Linehan zur ambulanten Behandlung von chronisch suizidalen Patientinnen mit Borderlinepersönlichkeitsstörungen entwickelt. Sie basiert auf einem biosozialen Entstehungsmodell, kognitiv-behavioralen Behandlungsstrategien und spezifischen therapeutischen "dialektischen" Interventionsmethoden. Die Einzeltherapie und das Fertigkeitentraining in der Gruppe ergänzen sich zu einem Gesamtkonzept, dessen Überlegenheit gegenüber unspezifischen Therapieformen empirisch nachgewiesen werden konnte.

In ihrem Manual ergänzt sie die kognitive Verhaltenstherapie um Elemente aus humanistischen Therapieverfahren, Hypnotherapie und im besonderen aus dem Zen.


Einzeltherapie

In der Einzeltherapie werden die Problembereiche hierarchisch im Sinne der Dringlichkeit geordnet. An oberster Stelle stehen suizidales und parasuizidales Verhalten, gefolgt von therapiegefährdendem Verhalten, Beeinträchtigungen der Lebensqualität und der Verbesserung von Verhaltensfertigkeiten. Die Problemfelder werden in dieser Reihenfolge bearbeitet. Wenn notwendig, wird sofort wieder auf eine höhere Ebene zurück gegangen.

Die Einzeltherapeutin versucht eine Balance zwischen Validierungs- (Verstehen und Wertschätzen des Problems) und Veränderungsstrategien zu finden ('dialektische Strategie', Linehan, 1996c; aus psychoanalytischer Sicht Lohmer et al., 1996).

Die Patienten führen eine Tagebuchkarte, in die Medikamenteneinahme, Spannungszustände, Drogenkonsum und dysfunktionale Verhaltensweisen einzutragen sind.

Durch Verhaltensanalysen sollen die Betroffenen Einsicht in den Spannungsaufbau erhalten und lernen, das im Fertigkeitentraining Gelernte in Handlungspläne einzubauen. Nach selbstverletzendem Verhalten oder Suizidversuchen werden die Patienten gebeten, solche Analysen selbst anzufertigen.

Voraussetzung für die eventuelle Bearbeitung eines Traumas in einem zweiten Therapieabschnitt ist, dass die Patienten gelernt haben, emotionale Krisen, Spannungszustände und Dissoziationen durch die gelernten Fertigkeiten selbst zu regulieren. Eine Traumabearbeitung erfolgt durch Techniken aus der kognitiven Verhaltenstherapie und durch Expositionsstrategien.


Fertigkeitentraining

Das Fertigkeitentraining ist der Ton, aus dem die Einzeltherapeutin und Patienten eine Figur modellieren können" (Linehan, 1996a). Gemeint ist, dass die in der Gruppe gelernten Fertigkeiten in der Einzeltherapie in die erarbeiteten Verhaltensanalysen und Handlungspläne eingebaut und zu einem sinnvollen Ganzen verbunden werden.

Die Gruppe wird von zwei Therapeuten/innen geleitet. Der Schwerpunkt liegt auf dem Lehren von Fertigkeiten. Interaktionelle Probleme werden 'DBT-mässig' durch das Anwenden von Fertigkeiten gelöst. Kritik und Anregungen seitens der Teilnehmer sind ausdrücklich erwünscht, eine experimentell partnerschaftliche Atmosphäre soll entstehen.

Das Fertigkeitentraining besteht aus den vier Modulen Innere Achtsamkeit, Umgang mit Gefühlen, Stresstoleranz und Zwischenmenschliche Fertigkeiten.


Innere Achtsamkeit

Im Modul 'Innere Achtsamkeit' erlernen die Patienten die Fertigkeiten Wahrnehmen, Beschreiben, Teilnehmen sowie ein nicht bewertendes, konzentriertes und wirkungsvolles Denken und Handeln. Hier sind unschwer die Zeneinflüsse zu entdecken. Ziel ist, Bewusstheit im Alltag zu erreichen und mehr Steuerungsmöglichkeiten über sich selbst zu bekommen. Teilnahme und Distanz, Gefühl und Verstand sollen miteinander in Einklang gebracht werden.


Zwischenmenschliche Fertigkeiten

Hier werden die Basisfertigkeiten Orientierung auf ein Ziel, Orientierung auf die Selbstachtung und Orientierung auf die Beziehung vermittelt. Faktoren, die eine soziale Kompetenz beeinträchtigen und solche, die sie fördern, werden identifiziert. Förderliche Selbstaussagen werden erarbeitet. Ziel ist, dass die Patienten auf eigene Wünsche, Ziele und Meinungen bestehen können und dabei sowohl von anderen Menschen respektiert werden, als auch die eigene Selbstachtung aufrechterhalten.


Umgang mit Gefühlen

Hier wird vermittelt, dass Gefühle (auch solche, die als unangenehm erlebt werden) eine Funktion und eine Bedeutung haben. Fertigkeiten wie: Beobachten, Beschreiben und Verstehen von Gefühlen, Verwundbarkeit verringern, Schritte in Richtung angenehmer Gefühle tun, emotionales Leiden loslassen und dem Gefühl entgegengesetzt handeln werden besprochen und geübt. Ziel ist, Gefühle in ihren Bedeutungen und Auswirkungen verstehen und akzeptieren zu lernen. Das Vertrauen in die eigene Gefühlswelt soll erhöht werden.


Stresstoleranz

Patienten erlernen hier, Krisen auszuhalten und Spannung zu reduzieren durch Techniken wie: sich durch starke sensorische Reize (SKILLS) ablenken (z.B. Eiswürfel), durch verschiedene Techniken 'den Augenblick verbessern', 'Pro und Contra' (welche Argumente sprechen für selbstverletzendes Verhalten, welche dagegen), Akzeptieren der Realität, Atemübungen, 'leichtes Lächeln' und Achtsamkeitsübungen. Ein weiteres Ziel ist, zu lernen, unangenehme Ereignisse und Gefühle zu ertragen, wenn sich die Situation nicht verändern lässt.

Sie werden angeleitet, einen individuellen Notfallkoffer einzurichten, in dem wichtige Utensilien für Stresstoleranz Fertigkeiten aufbewahrt werden. Kärtchen, auf denen die hilfreichsten Fertigkeiten eingetragen sind, sollten die Patienten bei sich tragen. Die Patienten erhalten ausserdem Formulare, auf denen die gelernten Fertigkeiten eingetragen sind und protokollieren, welche Fertigkeiten sie mit welchen Erfolg geübt haben.


Telefonkontakt

Die Patienten können in suizidalen Krisen oder bevor sie sich selbst verletzen, ihre Therapeuten anrufen. Die telefonische Erreichbarkeit muss mit den Therapeuten vorher geklärt werden und richtet sich auch nach den Grenzen der Therapeuten. Die Telefongespräche sollen nach bestimmten Regeln ablaufen. Die Patienten berichten, warum sie sich in einer Krise befinden und welche Fertigkeiten sie bereits ausprobiert haben. Beide besprechen Fertigkeiten, die die Patienten dann einsetzen sollen. Dazu ist es hilfreich, wenn die Patienten gelernte Fertigkeiten benennen können.

Verletzt sich der Patient selbst oder begeht sie einen Suizidversuch, sollte dies nicht durch vermehrte Zuwendung verstärkt werden, was nicht leicht zu realisieren ist. Ziel ist, dass die Patienten im nachhinein Verhaltensanalysen dieser Situationen anfertigen.